Wilhelm-Morgner-Preis
Der Wilhelm-Morgner-Preis ehrt den 1917 im Alter von 26 Jahren gefallenen Soester Expressionisten Wilhelm Morgner, der als herausragender Künstler des Expressionismus und Wegbereiter der Abstraktion mit seiner Malerei die künstlerische Entwicklung im 20. Jahrhundert entscheidend mit beeinflusst hat.
Die Stadt Soest ist nicht nur durch ein reiches kulturelles Erbe geprägt, sondern kann auch auf eine besondere Tradition der Förderung zeitgenössischer Kunst zurückblicken.
Die Stadt Soest, die Sparkasse SoestWerl und das Kloster Paradiese laden bildende Künstlerinnen und Künstler zu diesem Kunstwettbewerb ein.
Für den Wilhelm-Morgner-Preis wird alle 3 Jahre ein Preisgeld von 15.000,-- Euro ausgelobt
WILHELM MORGNER
1891
Wilhelm Morgner wird am 27. Januar in Soest Nr. 1166 (heute Rosenstraße 4) geboren. Der Vater, August Morgner, ist zunächst Militärmusiker, danach als Schaffner bei der Bahn beschäftigt. Die Mutter, Maria Morgner, geb. Bals, stammt aus Soest.
Fotos und Text: Wilhelm-Morgner-Archiv, Walter Weihs, Soest
http://www.wilhelm-morgner-archiv.de
1892
Am 3. Juli wird Morgners Schwester Maria, „Mimy“ genannt, geboren. Noch im selben Jahr, am 27. November, stirbt Morgners Vater an einem Lungenleiden.
1895
Erste zeichnerische Versuche des Knaben.
1897
Morgner besucht die evangelische Volksschule in Soest. Der Schulbesuch behagt dem Jungen nicht, er streift lieber umher und malt.
1900-1904
In Wilhelms Schulzeugnis des Sommerhalbjahres 1900 findet man in Zeichnen die Note „ziemlich gut“ sowie unter Bemerkung: „W. ist oft recht träumerisch!“ Frau Morgner, die ihren Sohn gerne als Pfarrer sähe, schickt den Jungen auf das Archigymnasium. Dort zieht Morgner sich durch Karikaturen seiner Lehrer Unmut zu.
1907
Morgner verkauft Zeichnungen und veranstaltet mit einem Mitschüler Vorstellungen mit einem „kinematographischen Apparat“ gegen Eintritt. Mit dem Ersparten reißen die beiden von zu Hause aus. Der ursprüngliche Plan, nach Amerika zu gelangen, scheitert in Amsterdam. Die Mutter willigt ein, Wilhelm Maler werden zu lassen, wenn er das Zeugnis zum „Einjährigen“ schafft.
1908
Mit dem Zeugnis zum „Einjährigen“ verlässt Morgner das Archigymnasium und besucht im Anschluss Georg Tapperts private Kunstschule. Der Briefwechsel zwischen Morgner und seinem Freund, dem Bildhauer Wilhelm Wulff (s. Foto), beginnt.
1909-1911
Im nahe Soest gelegenen Dorf Hattrop richtet sich Morgner 1909 ein „Sommeratelier“ ein, das jenes in der Kesselstraße ergänzt. Im selben Jahr findet im Verkaufsraum der Farbenhandlung Aschoff in der Jakobistraße die erste Ausstellung statt. 1910 eröffnet Tappert eine neue Malschule in Berlin, wo sich Morgner von April bis Juni 1910 aufhält. In diesen Jahren finden Ausstellungen in Soest sowie in Berlin (4. Ausstellung der
Neuen Sezession; 1. Ausstellung der Juryfreien) statt.
1912
Bei Tappert trifft Morgner in Berlin mit Franz Marc zusammen. Über Kandinsky wird die Zeichnung „Ziegelbäcker“ im Almanach „Der Blaue Reiter“ veröffentlicht. Morgner nimmt außerdem an der 2. Ausstellung „Der Blaue Reiter“ in München teil. Herwarth Walden veröffentlicht 11 Holz-und Linolschnitte Morgners in der Zeitschrift „Der Sturm“. Auf der dritten Ausstellung der Juryfreien in Berlin ist Morgner ebenso vertreten wie auf der „Sonderbund-Ausstellung“ in Köln
1913
In der Wanderausstellung von Waldens Galerie „Der Sturm“ werden fünf Gemälde Morgners in Budapest gezeigt. Ferner ist er in der 4. Ausstellung der Juryfreien in Berlin und in der Ausstellung „Deutsche Graphik“ in Tokio vertreten. Die Zeitschrift „Die Aktion“ veröffentlicht zahlreiche Morgner-Zeichnungen.
Im Herbst muss Morgner seinen einjährigen Militärdienst antreten.
1914
Während der Dienstzeit bleibt der Kontakt zu Tappert erhalten. Folglich sind auch in der
6. Ausstellung der Neuen Sezession Arbeiten Morgners zu sehen. Ab 1914 entstehen, durch die äußeren Umstände bedingt, keine Gemälde mehr, sondern v. a. Zeichnungen und Aquarelle. Ab August nimmt Morgner im Feldzug gegen Frankreich an der Marne-Schlacht teil. Als er Weihnachten in Soest verbringt, beginnt die Freundschaft mit seinem Malerkollegen Eberhard Viegener.
1915
Anfang April befindet Morgner sich auf dem Weg nach Russland. Er wird zum Unteroffizier befördert. Im Sommer wird er als Zeichner für Einsätze in Bulgarien vorgeschlagen. Im August erhält er das Eiserne Kreuz II. Klasse. An einer Furunkulose leidend, wird er im August ins Etappen-Lazarett nach Polzin (Pommern) geschickt, wo er bis Mitte November bleibt. Nach seiner Genesung wird Morgner zunächst zum Ersatz-Bataillon nach Döberitz geschickt, um im Dezember in die 2. Kompanie nach Spandau versetzt zu werden, mit der er sich bis zum Ende des Jahres zeitweilig auch in Döberitz aufhält.
1916
Mitte Juni fährt Morgner nach Bulgarien ab, um hier bei einem Gräberkommando bis Ende November seinen Dienst als Zeichner zu tun. Am 19. Dezember tritt Morgner die Rückreise in die Heimat an. Zunächst hält er sich dienstlich in Berlin, dann über Weihnachten zu Hause
in Soest auf.
1917
Morgners Kommando in Serbien wird verlängert und so befindet er sich Anfang Januar wieder auf dem Wege dorthin. Mitte Mai erreicht ihn die Nachricht von seiner Versetzung an die Westfront.
In den Morgenstunden des 16. August holt die englische Artillerie zu einem ungeheuren Schlag auf die deutsche Front bei Langemarck aus. Zahlreiche deutsche Soldaten werden gefangen genommen. Morgner stirbt bei dem Versuch, sich der Gefangennahme zu widersetzen.
1919/20
Georg Tappert erstellt den handschriftlichen „Morgner-Katalog 1920“, der bis heute von grundlegender Bedeutung bei der Grundlagenforschung im Morgnerschen Werk ist.
Foto: Letzte Feldpostkarte an Mutter Morgner
1928
In einem Vertrag, den er am 18. Oktober 1919 mit Frau Morgner, der Mutter des Malers, geschlossen hatte, ließ Tappert sich weitgehende Rechte bezüglich jedweder Verwertung des Morgner-Nachlasses zusichern.
1928 musste Tappert diese, sehr weitgehenden Rechte z. T. zurückgeben.
Das dürfte einer der Gründe gewesen sein, weshalb es in den 20er und 30er Jahren (bevor noch die Nationalsozialisten Morgners Arbeiten als „entartet“ einstuften) ruhiger um Morgners Werk wurde. Erst ab den 60er Jahren wurde Morgners Bedeutung für den Deutschen Expressionismus erkannt.
(Fotos und Texte: Walter Weihs)
Ausführliche Biografie von Wilhelm Morgner
Wilhelm Morgner Archiv
Zur Idee der Revitalisierung des
Wilhelm-Morgner-Preises
Soest ist eine Stadt der Kunst – eine Stadt, von mittelalterlichen Mauern umfangen, die alte und neue Kunst nebeneinander präsentiert – eine Stadt, in der sowohl die Baukunst als auch die Bildende Kunst zu vielen Zeiten besondere Beachtung und Förderung erfahren hat. Die monumentalen Kirchenbauten und ihr Schmuck im Innenraum sprechen eine mehr als deutliche Sprache vor allem für die mittelalterliche Zeit. Künstler mit besonderer Begabung – zu erst nicht als Person benannt, später dann selbstbewusst ihre Werke signierend, wurden weit über die Grenzen ihrer Stadt bekannt.
Wenn Soest auch schlechte Zeiten mit Krieg, Hungersnöten und Pestkrankheiten ertragen musste, dadurch die finanziellen Mittel ausgingen, erlebte die Stadt mit dem Beginn der Moderne am Anfang des 20. Jahrhunderts einen Neustart. Herausragende Malerpersönlichkeiten wie vor allem Wilhelm Morgner, aber auch Otto Modersohn, Wilhelm Wulff, Eberhard und Fritz Viegener und jene, als Besucher die Stadt betrachtend – Emil Nolde, Christian Rohlfs, Karl Schmidt-Rottluff – schafften eine neue Kunst, weckten die Stadt aus der Erstarrung.
Nach den einschneidenden Ereignissen des II. Weltkrieges und der Zerstörung der Stadt zu nahezu 60%, ist es dann dem Engagement des Stadtrates und den Bürgern selbst zu verdanken, dass bereits seit den 50er und 60er Jahren und in der Folgezeit Künstler und ihre Kunst in Soest heimisch werden konnten. Bereits 1953 begründete die Stadt Soest die Tradition des „Wilhelm-Morgner-Preises“ mit der eindeutigen Zielvorgabe, nicht nur lokale Künstler und Künstlerinnen zu fördern, sondern, um diesem Preis die nötige Anerkennung zukommen zu lassen, ihn bundesweit auszuschreiben. Bis in das Jahr 1996 konnte der Preis insgesamt zwanzig Mal nach verschiedenen Kriterien und unterschiedlichem Rhythmus verliehen werden – dann jedoch ruhte er, da die Haushaltssituation der Stadt eine weitere Verleihung nicht zuließ.
Erst mit dem Mut und der Zuversicht engagierter Bürger und den Vertretern der Stadt selbst, konnte die Idee der Revitalisierung des Morgner-Preises gut 10 Jahre später wieder geplant und dann realisiert werden. Der Förderverein Wilhelm Morgner e.V. wurde gegründet um die Durchführung der Preisvergabe zu ermöglichen. Bewusst entschied man sich bei den Teilnahmekriterien für Künstler mit einer akademischen Ausbildung oder aber einer mindestens dreijährigen Ausstellungstätigkeit im Galerie-, Messe- oder Museumsbereich und eine Wohnortbestimmung in Deutschland seit mindestens drei Jahren. Eine Altersbegrenzung gab es nicht. Wichtig hingegen war die Festlegung und Bestimmung auf nur eine Disziplin, auf das Medium der Malerei, die die Künstler ins Zentrum ihres professionellen Schaffens gestellt haben.
Ebenfalls war es den Vertretern des Fördervereins ein wichtiges Anliegen den Bewerbern – immerhin eine beachtliche Anzahl von insgesamt 439 – ein Ergebnis zu präsentieren, in dem sie ihre eigene Positionierung erfahren konnten. Üblicherweise werden die Ablehnungen ohne Nennung der erreichten Juryrunden zurückgesandt. Jedoch ist das Wissen um den Rang des eigenen Weiterkommens für jeden Künstler von großer Wichtigkeit.
Die große Zahl der Einsendungen eröffnete einen interessanten Überblick über das derzeitige Geschehen in der Kunstszene, der sowohl abstrakten als auch figurativen Malerei, der immer auch wieder eindeutig politisch und kritisch ausgerichteten Themenwahl, dem deutlich werdenden Spannungsfeld West – Ost Kunst, einer zum Teil bewussten Positionierung gegen vorherrschende Meinungen. Deutlich wird die Suche der Kunst nach ihrem Ausdruck, ohne gefallen zu wollen, ohne auf eine Käuferschicht ausgerichtet zu sein.
Sicherlich gab es eine Reihe von Beweggründen, die zu der Idee führten diesen Preis wieder aufleben zu lassen. Doch nicht allein die Liebe zur Kunst auch der Mut und der Wille für die eigene Stadt einen nicht unbedeutenden Beitrag zu leisten, sich als Kunst- und Kulturstandort ein Gesicht zu geben, Menschen auf diese unsere Stadt im gesamten Bundesgebiet aufmerksam zu machen, der Stadt ein Profil zu geben. Gerade in der heutigen Zeit ist dies von nicht zu unterschätzender Bedeutung!!!
Die Initiatoren sehen den wieder zum Leben erweckten Wilhelm-Morgner-Preis als eine sinnvolle Ergänzung zu dem ebenfalls mit großem bürgerschaftlichem Engagement geleisteten Wilhelm-Morgner-Stipendium und dem Simplicissimus Preis, die alle drei in unterschiedlichen Jahresrrhythmen verliehen werden. Soest ist eine Stadt der Kunst und so ist sie auch der Kunst verpflichtet.
Unser Dank gilt vor allem auch den vier Persönlichkeiten, die als hochkarätige Fachjury in anonymer Vorauswahl und dann gemeinsam in langer Beratung und Diskussionsfreudigkeit mit hoher Disziplin und Sorgfaltspflicht ihrer Aufgabe nachgegangen sind und die Entscheidung für die zehn Ausstellungsteilnehmer und dann für den Preisträger selbst gefunden haben. Frau Dr. Ellen Schwintzer, seit vielen Jahren Leiterin des Gustav-Lübcke-Museums in Hamm; Herrn Dr. Erich Franz, seit 1989 stellvertretender Direktor am LWL-Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte in Münster; Professor Pitt Moog, seit 1973 Professor an der FH Dortmund und Herrn Alfred Nemeczek bis 1998 stellvertretender Chefredakteur des Kunstmagazins art.
Unser ganz besonderer Dank gilt aber vor allem dem Bürgermeister Dr. Eckhard Ruthemeyer und der Stadt Soest. Durch ihr Engagement und ihr unbürokratisches Agieren sind die Bedingungen zur Realisierung der Wiederbelebung des Wilhelm-Morgner-Preises geschaffen worden und eine zeitgemäße Art der private partnership zwischen Politik und Privatwirtschaftlichkeit entstanden.
Aktueller Preisträger 2022
René Schoemakers